Im Rahmen der „Corona-Pandemie Gesetze“ hat der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 ausgesetzt.

Die Aussetzung der strafbewehrten Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO gilt indes nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des Coronavirus beruht und auch dann nicht, wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Diese Einschränkungen gebieten es unbedingt, dass Geschäftsleiter feststellen und dokumentieren, dass die „Befreiungs-„Voraussetzungen tatsächlich vorliegen, um im Fall einer später doch eintretenden Insolvenz nicht auf Haftung in Anspruch genommen und strafrechtlich verfolgt zu werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 19.12.2017 – II ZR 88/16) wird die Zahlungsunfähigkeit objektiv ermittelt. Dazu ist auf die tatsächlich zum Stichtag vorhandenen liquiden Mittel (Aktiva I), die tatsächlichen Zahlungseingänge der dem Stichtag folgenden drei Wochen (Aktiva II) sowie die zum Stichtag fälligen (Passiva I) und im Dreiwochenzeitraum fällig werdenden Verbindlichkeiten (Passiva II) abzustellen.

Der Gesetzgeber hat insoweit eine Vermutung in das Gesetz aufgenommen: „War der Schuldner am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreif auf den Auswirkungen der COVID-10-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.“ Im Streitfall führt diese Vermutung zwar zu einer Beweislastumkehr.

Es bleibt also bei dem Grundsatz, dass ein Geschäftsleiter von der Insolvenzantragsverpflichtung nur befreit ist, wenn die Voraussetzungen – Insolvenzreife als Folge der Corona-Pandemie – gegeben sind und Aussichten darauf bestehen, dass die Zahlungsunfähigkeit nach der Coronakrise wieder zu beseitigen ist. Nur dann macht sich der Geschäftsleiter keiner Insolvenzverschleppung schuldig und haftet auch nicht persönlich nach § 92 Absatz 2 Satz 1 Aktiengesetzt bzw. § 64 Satz 1 GmbH-Gesetz für Zahlungen der Gesellschaft nach Eintritt der Insolvenzreife.

Darüber hinaus ist der Geschäftsleiter nicht davon entbunden, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit eingegangenen Geschäfte zu erfüllen, d. h. er muss sicherstellen, dass er die neuen Verbindlichkeiten bezahlt. Andernfalls sieht er sich etwaig dem Vorwurf eines Eingehungsbetrugs ausgesetzt.